Angst (Beitrag von Natalia)

Weißt Du, was das Fiese an einer Panikattacke ist? Du wirst mitten in der Nacht wach, weil Du etwas Wunderschönes und Aufregendes geträumt hast. Du wirst wach und Dein Herz schlägt freudig, ein Lächeln stiehlt sich auf Deine Lippen. Du bist glücklich. Doch Dein Körper ist in Aufruhr, der schnelle Herzschlag bringt eine unmissverständliche Botschaft an Dein Gehirn. Das Gehirn überflutet Dich mit Bildern: Gefahr in Verzug. Auf einmal sitzt Du wieder im Krankenhaus vor einem Raum, in dem Deinem achtjährigen Sohn gerade ein EEG abgenommen wird. Ein EEG, weil er vor einigen Stunden mit einem Epistatus auf die Intensivstation gebracht wurde. Du bist ganz alleine auf deinem Stuhl, Dein Herz rast, weil Du eine maßlose Angst davor hast, dass dein Kind in Lebensgefahr schwebt. Über den langen Flur eilen zwei Ärztinnen und verschwinden hinter der Tür, die Dein Kind vor Dir verbirgt. Noch eine Ärztin erscheint, sie läuft beinahe. Auch hinter ihr schließt sich die Tür. Du weißt, es war eine Oberärztin. Alle Alarmglocken schrillen, Dein Herz pumpt panisch, Deine Brust fühlt sich immer enger an. Dein Kopf steckt in einer Schraubzwinge. Du explodierst gleich. Du überlegst hektisch, was Dich beruhigen könnte. Du hast doch einen übervollen Notfallkoffer mit allen möglichen Entspannungstechniken drin! Keine einzige nutzt etwas.

Meinst Du, ich übertreibe? Meinst Du, ich habe Kontrolle und könnte schnell eine Realitätsüberprüfung starten und wieder seelig einschlafen? Ich würde gerne Deine Skepsis nähren, Dir recht geben. Leider sieht die Realität in der Nacht etwas anders. Zwei lange Stunden dauert es, bis mein Körper sich entspannt und mich in das Land der Träume schickt.

Damals, vor einem Jahr, vor diesem verfluchten EEG-Raum in einem Krankenhaus, habe ich mich selbst beruhigen können. Mit Akupressur. Hoch lebe die Frau, die mir den Kurs ans Herz gelegt hat. Hoch lebe ich, die diesen Kurs belegt hat.

Danke Dir, mein lieber Körper, dass Du so lange durchgehalten hast. Dass Du jetzt mit Panikattacken auf eine Aufregung reagierst, nehme ich Dir nicht krumm. Du bist mein Held.

Wenn Du meine Geschichte liest, bitte ich Dich um Deine Unterstützung. Nimm Dir einige Minuten Zeit und denk an die Momente in Deinem Leben als Du für ein liebevolles Wort oder eine behutsame sanfte Berührung eines lieben Menschen ein Königreich gegeben hättest. Schenke Dir selbst dieses Wort. Denke an alle, die dieses Wort gerade jetzt, in diesem einen Moment brauchen könnten, und sprich das aus, schenke eine Umarmung.

Lass uns gegenseitig mehr behüten und die Angst verliert ihre Macht.

Text: Natalia (weitere Texte von ihr hier, hier und hier)

Foto: pixabay

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