Wieder eine schlaflose Nacht. Bin dankbar, für 2-3 Stunden Schlaf. Höre das Meer rauschen. Dann vergesse ich meinen Tinnitus, der mich seit 20 Jahren begleitet.
Seit 50 Jahren habe ich den Wunsch in meinem Herzen: Wenn du im Rentenalter bist, gehst du nach Afrika, um den hungernden Kindern zu helfen, und mit ihnen zu leben.
Jetzt bin ich hier, auf Umwegen, bevor ich die Altersrente bekomme.
Erwerbsunfähig, den Stempel habe ich nach vielen Klinikaufenthalten bekommen. Arbeit, Sorge, Existenzängste, Traurigkeit, Depressionen.
Warum ich, habe ich Gott immer wieder gefragt. Tue ich nicht genug für die anderen, meine Menschen um mich herum, die ich liebe?
Keine Antwort.
Heute bin ich dankbar, habe den Weg der Depression als Veränderung angenommen.
Fühle mich nicht mehr als Migrant, ohne Heimat. Fühle mich mit den Menschen hier verbunden.
6 Monate als Tourist hier, 2 Wochen Besuch bei meinen Kindern.
Jetzt ist alles anders. Wenn ich rausfliege muss ich in Quarantäne. Wenn ich zurück nach Kenia möchte, darf ich nicht reinfliegen.
Alles ist anders.
Ich lebe mit den Kenianern.
Mein Sohn hat mich immer auf dem Laufenden gehalten. Habe Ängste zwischen den Zeilen gelesen.
Meine Tochter hat mich nicht gefragt, ob ich zurückkomme. Sie weiß, dass hier mein Platz ist. Ich vermisse meine Kinder, meine beiden Enkel. Wann werde ich sie wieder sehen?
Hier in Ngoloko bin ich Marjam. Arabisch Maria. Wenn die Kinder meinen Namen sagen, mich mit ihren strahlenden Augen anschauen, fühle ich mich wohl. Hunger und Dreck sehe ich dann nicht. Auch keinen Coronavirus, keine 2 Meter Distanz. Hab ich versucht zu erklären. Es ist alles anders hier.
Da fühle ich mich schlecht. Medizinische Versorgung, gutes Essen, Virustest??? Gibt es nicht.
Eat, pray, love. Das erfahre ich für mich hier. Ein Mann, der sagt dass er mich liebt, mein Herz wieder geöffnet hat, den gibt es auch. Die verschiedenen Kulturen, Sprachprobleme, andere Auffassungen über Respekt stehen zwischen uns. Ich lerne viel von ihm. Ohne Worte.
Werde, wenn ich in Deutschland bin, ihn und seine Kinder vermissen. So wie ich jetzt in Kenia meine Kinder vermisse.
Hin- und hergerissen
Zwischen den Welten.
Ernest Hemingways Worte :
„Alles was ich mir wünschte, war nach Afrika zurückzukommen.“
Wir hatten es noch nicht einmal verlassen, und doch war ich, wenn ich nachts wach lag und lauschte, Heimweh krank.
(Erzählt von Elke / Marjam)
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