Nach deinem Tod – Gedanken zu dieser besonderen Zeit bis zur Bestattung

Ein geliebter Mensch ist gestorben. Oft kommt der Tod sehr plötzlich, selbst wenn es eine lange Krankheit gab. Selbst wenn wir theoretisch wussten, dass er kommen würde, können wir uns vorher nicht vorstellen, wie es sich wohl anfühlen wird, wenn dieser geliebte Mensch auf einmal tatsächlich stirbt. Wenn sein Körper noch da ist und zugleich nicht mehr „bewohnt“ wird, nicht mehr lebendig ist. Wenn da auf einmal diese Lücke ist mitten in unserem Leben. Alles scheint so unwirklich, oft wie im Schock erleben wir diese ersten Stunden und Tage. Und inmitten dieser so herausfordernden, vielleicht überfordernden Situation sollen wir auf einmal Bestattung und Trauerfeier planen. Eine Todesanzeige gestalten.Wissen, wie „man“ mit dieser Situation umgehen sollte. Eine Entscheidung nach der anderen treffen. Und dabei noch wissen, was wir selbst brauchen und wollen. Doch wie geht das? Was gibt es wirklich zu tun, was ist jetzt wirklich wichtig? Inspiriert durch zwei Hospitationstage in einem ganz besonderen Bestattungsinstitut, das seit zwanzig Jahren neue Wege im Umgang mit dem Leben und dem Tod geht, möchte ich diesen Text heute dieser so kostbaren, wenn auch zugleich so schmerzhaften Zeit zwischen dem Tod eines geliebten Menschen und der Beisetzung widmen. Einer Zeit, in der wir den Abschied von unserem lieben Verstorbenen ganz bewusst gestalten können – unterstützt von Menschen, die wissen, was dafür zu tun ist und diesen Abschied ermöglichen. Deshalb möchte ich dich einladen, solltest du diesen Text auf der Suche nach einem passenden Bestatter lesen, deine Wahl ganz bewusst zu treffen. Deine Bedürfnisse sind nun ganz wichtig – und natürlich auch die gute Versorgung deines lieben verstorbenen Menschen. Und es ist viel mehr möglich, als die meisten von uns denken und wissen.

Vor Julians Tod hatte ich selbst keine Ahnung von all dem. Ich lebte, als würde es den Tod nicht geben. Dabei waren immerhin alle meine Großeltern bereits gestorben. Keinen von ihnen hatte ich nach dessen Tod noch einmal gesehen. Immer gab es die Nachricht von ihrem oder seinem Tod, ein Bestatter wurde gerufen, der kümmerte sich um alles und ein paar Tage später befand ich mich auf irgendeinem Friedhof, wo ein Sarg, in dem angeblich dieser eben noch lebendige und jetzt tote Mensch liegen sollte, in die Erde gelassen wurde. Es war surreal, aber ich hielt es auch für die einzige Art, damit umzugehen. Auf eine Art auch irgendwie nicht damit umzugehen. Ich kam gar nicht auf die Idee, dass es anders überhaupt möglich sein könnte. Der Tod war für mich etwas, von dem ich mich möglichst fern halten wollte. Ich hatte Angst und ich dachte, wenn ich gut genug wegsehen würde, dann würde er mich vielleicht auch nicht bemerken.

Dann starb Julian. Einfach mitten aus dem Leben heraus. Und mitten in Nepal. Einem Land, in dem alles so anders ist als hier bei uns. Damit möchte ich nicht sagen besser oder schlechter, einfach anders. Ich war dabei, als Julian starb. Und obwohl ich es mir noch am Morgen überhaupt nicht vorstellen konnte, ging ich am nächsten Tag noch einmal zu seinem Körper, um mich von ihm zu verabschieden – begleitet von Menschen, die mich darin bestärkten und an meiner Seite waren. Ich hatte schreckliche Angst, wollte ihn nicht noch einmal sehen, wollte es doch einfach auch nicht wahrhaben. Es konnte doch nicht sein, dass er tot war! Und dann beruhigte diese Begegnung so vieles in mir. Seine Hülle lag dort und ich begriff, dass es wirklich nur noch seine Hülle war. Das, was sie bewohnt hatte, war nun woanders. Ich begriff auf einmal, was geschehen war. Und auf einmal wollte ich alles genau mitbekommen, was geschah. Ich wollte bei ihm sein auf diesem letzten Weg. Ich nahm an seiner Verbrennung in einem buddhistischen Kloster teil, ja, ich selbst war diejenige, die das Feuer entzündete. Es waren die wohl bewegendsten Momente meines bisherigen Lebens. Danach war lange nicht alles gut, ganz und gar nicht. Aber es waren diese Momente dort in Nepal, aus denen ich auch im Nachhinein immer wieder Kraft für diesen Weg schöpfte.

Mittlerweile weiß ich, dass es auch hier in Deutschland möglich ist, unsere lieben Verstorbenen auf eine andere Art und Weise zu begleiten und zu verabschieden. Anders als ich es zuvor gekannt hatte. Wir können sie für eine gewisse Zeit zuhause aufbahren, so wie es früher innerhalb der Familien ganz normal und selbstverständlich war. Wir können bei ihnen sitzen, alle können zusammen kommen, weinen, erinnern, lachen, alles kann da sein. Viele BestatterInnen bieten heute auch eine Verabschiedung in ihren Räumen an. Sie begleiten dich ganz behutsam auf diesem Weg, erklären dir genau was geschieht und was dich erwarten wird. Der Tod ist ein ganz natürlicher Bestandteil unseres Lebens und diese BestatterInnen helfen dir dabei, ihn als solchen zu erfahren. Das macht nichts besser in dem Sinne, dass es weniger traurig wäre, dass dieser Mensch nun nicht mehr lebt. Aber es hilft, im wahrsten Sinne des Wortes zu be-greifen, was geschehen ist. Es hilft, wenn jemand liebevoll und achtsam an deiner Seite ist in dieser sensiblen Zeit direkt nach dem Tod. Jemand, der dir den Raum gibt, den du brauchst. Viele BestatterInnen bieten heute die Möglichkeit an, den Verstorbenen gemeinsam zu waschen und anzukleiden. Das kann eine wunderbare Möglichkeit sein, um deinem geliebten Menschen noch einmal ganz nahe zu sein und auch nach seinem Tod noch etwas für ihn zu tun. Vielleicht ist es dir auch zu viel und du möchtest einfach nur noch einmal seine oder ihre Hand halten. Alles ist möglich und du darfst auf deine eigenen Impulse vertrauen, was es jetzt für deinen ganz persönlichen Abschied braucht.

Sarah und Jan von den „Sarggeschichten“ beantworten in ihren Videos auf ganz wundervolle Art und Weise passend dazu Fragen rund um Trauer, Tod und Sterben. Unter anderem erklären sie dort, wie man einen Verstorbenen versorgt. Die Filme findest du auf ihrer Seite.

Ich möchte noch einmal betonen, dass es an dieser Stelle, beim Abschied von einem geliebten Menschen, kein „richtig“ oder „falsch“ gibt. Es ist nicht besser oder schlechter, wenn du dich dafür entscheidest, ihn oder sie nach dem Tod noch einmal zu sehen und dich auf diese Art zu verabschieden. Viele Menschen erleben es als hilfreich auf ihrem Weg der Trauer, gleichzeitig ist es aber völlig okay, wenn das für dich nicht in Frage kommt. Wichtig ist mir, zu erzählen, was möglich ist. Und dass du deinen Bestatter ganz konkret danach fragen kannst – oder nach deinen ganz persönlichen, individuellen Wünschen. Nimm dich selbst in dieser Zeit wichtig und suche dir ganz bewusst einen Bestatter oder eine Bestatterin, der oder die das auch tut. Dabei geht es nicht nur um die Versorgung des Verstorbenen, sondern auch um die Gestaltung der Trauerfeier. Was hat deinen geliebten Verstorbenen ausgemacht und was davon kann und soll einen Platz auf dieser Trauerfeier finden? Es ist ein so trauriger Anlass und zugleich auch eine so wertvolle Möglichkeit, noch einmal gemeinsam das Leben des Verstorbenen zu feiern – auf eure ganz individuelle Art und Weise.

Nun ist diese kostbare Zeit zwischen Tod und Bestattung irgendwann vorbei und vielleicht liest du meine Zeilen viel später und hättest das eine oder andere gerne anders gemacht. Nicht alles, aber vieles kannst du nachholen. Es ist nie zu spät, um kleine oder größere Rituale zu gestalten, um dich von deinem geliebten Verstorbenen zu verabschieden oder an ihn zu erinnern.

Wie hast du die Zeit zwischen dem Tod deines lieben Menschen und der Bestattung erlebt? Was waren deine Erfahrungen mit Bestattern? Was war dir persönlich wichtig in dieser Zeit? Teile deine Erfahrungen gerne in den Kommentaren.

Foto: pixabay

5 Gedanken zu „Nach deinem Tod – Gedanken zu dieser besonderen Zeit bis zur Bestattung“

  1. Liebe Silke und liebe Leser,

    als mein Vater starb, war für meine Mutter gesetzt, dass es sich um eine ganz „traditionelle“ Bestattung nach katholischem Ritus handeln wird. Der Bestatter war der Sohn des Freundes meines Vaters, eine Tischlerei, in der mein Vater früher immer sein Holz hat schneiden lassen. Es lief alles genauso wie man es kennt und meine Erfahrung war in dem Moment, dass ich tatsächlich froh war, dass es überhaupt irgendwie lief. Dass da ein Bestatter war, der sich „damit“ auskennt, weniger stand die Frage im Raum, wie ich es mir wünschen würde, denn ehrlich gesagt, hat mich der Verlust so ausgefüllt, dass ich mir darüber, also über meine eigenen Bedürfnisse keine Gedanken machen konnte. Das kam erst später.
    Wir haben als Ritual mit den Enkelkindern den Sargdeckel von innen bemalt. Das war sehr schön, denn wir haben das in der Tischlerei gemacht und dabei Papas Lieblingsmusik gehört. Wir haben unsere Handabdrücke mitgegeben, unsere Briefe an den Deckel geklebt und viele Bilder gemalt. Dabei uns an viele Geschichten mit Papa erinnert und sogar gelacht.
    Mein Vater wurde erst nach 12 Tagen beerdigt, er stand also lange zur Aufbahrung, und das hat mir einen Moment von Durchatmen verschafft, manche Menschen werden dann ja ganz schnell beerdigt, die Idee mit dem Sargdeckel haben wir aber erst entwickelt als der erste Organisationstrubel vorbei war. Wir einen Moment der Ruhe hatten. Das hat mir im Nachhinein viel Kraft gegeben, denn nur so hatte ich auch vor der Beerdigung auch Momente, in denen ich nicht annähernd erfassen konnte, dass mein lieber Papa nicht sein wird, aber Momente, in denen ich von all den Eindrücken und all dem Organisieren mich erholen konnte.

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    • Danke dir so sehr, liebe Barbara, dass du deine Erfahrung hier mit mir, mit uns teilst. Ich finde es so berührend schön, dass ihr diesen Sargdeckel gemeinsam bemalt habt. Und ja, oft ist diese Zeit viel zu kurz, oft wird uns erst hinterher klar, was womöglich noch gut hätte sein können in dieser so surrealen und doch auch so kostbaren Zeit.

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  2. Man ist es garnicht gewöhnt, sich soviel Gedanken zu machen um die Beistzung und das Drumherum. Der Tod anderer als Tatsache macht mir nicht sehr viel aus. Damit sage ich aber nicht,es ist mir egal… Anders und sehr tief berührend war mir die Erkenntnis ,ICH werde einmal sterben. Gut,dass ich an Gott glauben kann. Das hilft mir.

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