Julian+Silke
Weiterleben

Ich feiere, dass du geboren wurdest

Heute vor 34 Jahren wurdest du geboren. Was für ein schöner Tag, was für ein besonderer Tag. Erst wollte ich schreiben, heute wärst du 34 geworden. Doch das kam mir so komisch vor. Wäre, hätte, täte. Du wirst es nicht, du bist keine 34, denn du bist vorher schon gestorben. Aus diesem Leben, in dem du Julian warst und eben vor 34 Jahren geboren wurdest, bist du mit 29 Jahren schon gegangen. Deshalb wirst du heute keine 34.

Das vierte Mal feiern wir hier nun deinen Geburtstag ohne dich. Letztes Jahr habe ich eine riesengroße Aktion an deinem Tag veranstaltet. „Alle reden über Trauer„. 100 Beiträge gab es von so vielen verschiedenen Menschen. 100 Beiträge, die so sehr all die vielen Facetten der Trauer gezeigt haben. Was für ein Tag das war. An diesem Tag ist auch meine geliebte Trommel zu mir gekommen. Was für ein Geschenk. So sehr hat sie mich durch das letzte Jahr begleitet und mir dabei geholfen, endlich dieses Buch zu schreiben. Über dich, über uns, über unsere Geschichte. Gerade erst habe ich daraus gelesen. Aber das weißt du ja, du hast vorbeigeschaut an dem Abend. Ach Julian, und die Geschichte geht immer weiter. Heute würde ich schon wieder so vieles anders schreiben als noch vor einem Jahr. Die Geschichte geht nicht bloß vorwärts, sondern auch rückwärts weiter.

Und in diesem Jahr? Dieses Jahr feiere ich ganz still mit dir und in mir. Ich feiere, dass wir uns getroffen haben in diesem Leben. Eine uralte Verabredung. Ich feiere, dass wir sie erfüllt haben und dass sie mich dorthin gebracht hat, wo ich nun bin. Zu den Menschen, die nun Teil meines Lebens sind. Zu mir selbst vor allem. Und zu dem Platz, meinem Platz, den ich wieder einnehme. Ach Julian, wie verrückt ist das? Hätte man uns davon vor fünf Jahren erzählt, was hätten wir uns darüber amüsiert. Damals, mitten in Frankfurt in diesem Restaurant gleich bei unserer Wohnung um die Ecke. Stell dir mal vor, da wäre jemand zu uns an den Tisch gekommen und hätte uns davon erzählt. Hätte uns erzählt, dass wir zwei alte Seelen sind, die sich schon über so viele Leben hinweg kennen. Gute, alte Freunde. Und dass wir uns in diesem Leben dazu verabredet haben, einander als Paar zu lieben und auf tragische Art und Weise zu verlieren. Dass du sterben würdest, weil es unsere Verabredung war. Damit wir beide in dieser Erfahrung genau das erleben können, was es in diesem Leben eben zu erleben gilt. Wir hätten denjenigen für so verrückt gehalten. Mein Verstand möchte auch heute noch ein wenig dagegen rebellieren. „Mach dich nicht so wichtig“, sagt er. „Komm mal wieder runter und schreib hier nicht so einen Blödsinn. Was sollen die Leute denken?“ Aber weißt du, es ist meine Wahrheit. Ich spüre es tief in mir. Alles ist so verwoben und miteinander verbunden. Natürlich warst du nicht bloß mit mir verabredet, bist nicht in diesem Sinne nur für mich gestorben. Der Verstand kann diese Worte nicht begreifen. Muss er auch gar nicht. Es ist so viel größer als das. So viele weitere Menschen hast du berührt, geliebt, getroffen in deinem Leben. Aber unsere Verabredung war es, dass du mir dabei hilfst, zu erwachen. Dass ich rauskatapultiert werde aus diesem bequemen, sicheren Leben, das ich mir geschaffen hatte. Hinein in meine Wahrheit. Mitten in mein eigenes Herz. Jetzt darf ich erfahren, wer ich wirklich bin. Ich darf sein, wer ich schon immer war. Ich verbinde mich mit uraltem Wissen, das ich schon so lange in mir trage. Ich gehe für die Liebe und für den Wandel in dieser Welt. Ich trage meinen Teil dazu bei. Ja, ich spüre heute, an deinem Geburtstag, so deutlich, dass ich bereit bin. Ich bin bereit dazu, diesem Weg noch bedingungsloser zu folgen. Ich sehe ihn, ich schaue nicht mehr weg. Ich mache mich nicht mehr klein. Ich räume alte Lasten zur Seite. Ich ent-decke mich neu. Immer und immer wieder. Und ich stehe dazu. Es ist meine Wahrheit, so wie ich sie heute sehe. Wer weiß, wie ich in einem Jahr darüber denke und schreibe. Wer weiß, was ich schon morgen wieder Neues erfahre. Ich erhebe keinen Anspruch darauf, dass das hier DIE eine Wahrheit ist. Aber es ist meine Wahrheit und ich möchte sie nicht mehr verbergen.

Ach Julian, jetzt schreibe ich schon wieder nur über mich. Über uns gibt es ja auch nicht mehr viel zu sagen, was nicht bereits gesagt wurde. Ich danke dir so sehr, mein Freund. Ich danke dir aus tiefstem Herzen für alles, was du für mich getan hast und immer tust. Ich danke dir, dass es dich gibt. Ich danke unseren Seelen, das sie verbunden sind. Ich sehe, du gehst deinen Weg. Ich sehe, dir geht es gut. Du wunderbare Seele, du liebster Seelenfreund. Danke, dass du vor 34 Jahren geboren wurdest. Danke, dass du hier warst als dieser Julian, mit dem ich vier Jahre meines Lebens verbringen durfte. Danke für alles, was du in mein Leben gebracht hast.

 

Foto: Entstanden 2010 in Neuseeland

   

Besuche unseren Youtube-Kanal für inspirierende Gespräche
über den Tod, die Trauer und das Leben!

Über den Tod reden
       
Spendenbox Helfen dir meine Texte?
Ich freue mich, wenn du etwas zurück geben magst. Das geht via Paypal: https://www.paypal.me/InlauterTrauer
Oder ganz einfach direkt auf mein Konto:
IBAN: DE77 4306 0967 6025 3915 00

Ich danke dir von Herzen für die Wertschätzung meiner Arbeit, Zeit und Liebe, die ich in all das hier fließen lasse ❤

   
Teile diesen Beitrag:
Unterstütze meine Arbeit auf Patreon:
Become a patron at Patreon!
Previous Post Next Post

You Might Also Like

9 Comments

  • Reply Gabriele 27. Februar 2018 at 13:02

    Liebe Silke,
    so schön geschrieben. Ich bewundere sehr, welche wundervollen Worte du findest.

    • Reply Silke 27. Februar 2018 at 13:32

      Danke dir, liebe Gabriele ♥

  • Reply Sabine 27. Februar 2018 at 14:18

    Liebe Silke, danke für diese schönen Worte über das Leben.

  • Reply Anja 27. Februar 2018 at 15:20

    Ach, liebe Silke, du wunderbar Ver-rückte 😍
    Deine Wahrheit liest sich schräg-schön und ich freue mich einfach mal mit… Das Foto von euch beiden zeigt sooo viel Innigkeit und Lebensfreude – toll, wenn du das weiterträgst 💜
    Genieße den Tag!!!
    Herzliche Grüße
    Anja

    • Reply Silke 27. Februar 2018 at 16:36

      Oh hihi ♥ Danke dir, du selber wunderbar Ver-rückte!
      Ganz liebe Grüße
      Silke

  • Reply Barbara 27. Februar 2018 at 16:10

    Liebe Silke,

    wie schön, ein wenig Geburtstag mitfeiern zu dürfen. Durch dein Buch und deine Worte ist Julian kein „Unbekannter“, insofern dir vielen Dank für diese Begegnung,

    alles Liebe, die Sonne scheint im Raum Bremen immer wieder und ich bin mir sicher, da sind trotz der Kälte viele wärmende Gedanken mit dabei…

    Barbara

    • Reply Silke 27. Februar 2018 at 16:37

      Danke dir, liebe Barbara, für deine Worte. ♥

  • Reply Anna 28. Februar 2018 at 10:30

    Liebe Silke,

    Danke für diesen berührenden Text. Hattest Du Begleitung beim Entdecken dieser, DEINER, Wahrheit über die Seelenverwandtschaft aus früheren Leben?

    Du bist ein Vorbild für mich auf diesem Weg zu einer lebbaren Trauer.

    Danke ♥
    Anna

    • Reply Silke 28. Februar 2018 at 11:51

      Danke dir, liebe Anna, für deinen Kommentar ♥
      Ja, ich hatte ganz viel Begleitung immer wieder. Unterschiedlicher Art. Da bin ich nicht alleine drauf gekommen und zugleich auch doch irgendwie schon. Es hat sich mir Stück für Stück so gezeigt.
      Begleitung hatte ich in Form von Therapie, Coaching, Reiki, schamanischen Reisen, von Julian selbst immer wieder, in verschiedenen Selbsterfahrungsseminaren, .. Wenn ich so drüber schreibe, dann waren es wirklich viele Menschen, die mich teils ein Stück begleitet und auch teils nur in einer Begegnung so berührt haben. Es kamen immer genau die Menschen in mein Leben, die ich gerade „brauchte“. Und zugleich haben sie mich immer nur erinnert, was ich schon wusste. Oder ahnte. Manchmal braucht es dann jemanden im Außen, der diese Ahnung bestätigt, der noch einmal andere, neue Worte dafür findet. Damit es dann wieder etwas tiefer sinken kann im Bewusstwerden. ♥

    Leave a Reply