Jetzt muss ich ein wenig lachen, weil ich mich gerade so inspiriert fühlte von meinem Teebeutel, nur um festzustellen, dass bereits mein letzter Beitrag eine Teebeutel-Inspiration war. Vielleicht wird es das neue Ding hier auf der Seite: „In lauter Teebeutel-Weisheiten“.
Aber Spaß beiseite. Ich möchte heute über Freundschaft schreiben. In Freundschaft verbunden zu sein, das ist ein Geschenk. Und dabei können Freundschaften so viele unterschiedliche Ausdrucksformen haben. Es gibt Freunde, mit denen wir einfach Spaß haben können. Freunde, mit denen wir tief gehende Gespräche führen. Freunde, mit denen beides möglich ist. Freunde, die immer für uns da sind. Freunde, mit denen uns vor allem ein bestimmter Lebensabschnitt wie ein gemeinsames Studium oder gleichzeitig kleine Kinder haben verbindet. Aus meiner Sicht ist keine Freundschaft „besser“ als die andere. Sie alle sind, wie mein Tee es mir heute Morgen so schön gesagt hat, Geschenke.
Nun sagt der Tee auch, dass diese Geschenke bleiben. Ist das wahr? Ich denke an die vielen Gespräche mit Trauernden, in denen es darum geht, dass Freunde eben nicht geblieben sind. Um große Enttäuschungen und schmerzhafte Verletzungen. Ich kann aus eigener Erfahrung mitfühlen, habe es selbst erlebt nach Julians Tod und sehr lange darunter gelitten. Ja, ich habe wirklich gelitten, weil es so sehr weh getan hat. Wenn du das hier liest und es selbst gerade erlebst, dann mag ich dir sagen, dass du nicht alleine damit bist. Nach dem Tod eines geliebten Menschen können häufig gerade die zuvor sehr nahen Freunde oder Familienmitglieder nicht so damit umgehen, wie wir es uns wünschen. Das tut weh und kommt noch auf den Schmerz des eigentlichen Verlusts oben drauf. „Sekundäre Verluste“ nennt man das, habe ich gelernt. Ich habe zeitweise mehr darunter gelitten als unter seinem Tod, weil ich das Gefühl hatte, ganz bewusst alleine gelassen zu werden. Er hatte ja nicht vor gehabt zu sterben, aber die anderen waren noch am Leben und trotzdem nicht da. Es ist okay, wenn du traurig, enttäuscht und auch wütend auf die Menschen bist, die jetzt nicht da sind obwohl du sie so dringend bräuchtest.
Ich selbst habe Jahre gebraucht, bis ich damit Frieden schließen konnte. Und wenn ich jetzt lese, dass Freundschaften Geschenke sind, die bleiben, dann ist es für mich auf eine Art wahr. Nicht in dem Sinne, dass Freundschaften immer gleich bleiben. Ich glaube, das gibt das Leben nicht her. Nichts bleibt immer gleich, weil Leben Wandel und Veränderung ist. Freundschaften bleiben aus meiner Sicht auf eine Weise wie auch Erinnerungen bleiben. Manche von ihnen liegen in der Vergangenheit und doch trage ich sie in mir durch die Gegenwart.
An eine Freundin denke ich in diesen Tagen ganz besonders. Seit der Schule waren wir eng verbunden, sind durch eine sehr prägende Zeit miteinander gegangen. Sie ist ein ganz wichtiger Teil meines Weges ins Erwachsenwerden. Mit all den besonderen, lustigen, ernsten, seltsamen, großen und kleinen Momente, die wir miteinander hatten. Es gab eine Zeit, da kannte sie mich vielleicht besser als ich mich selbst. Julians Tod hat vieles verändert, unsere Wege haben sich Stück für Stück getrennt. Aus irgendeinem Grund konnten wir es beide nicht aufhalten. Jetzt haben wir kaum bis keinen Kontakt und dennoch lebt unsere Freundschaft in meinem Herzen. Für mich ist es eine Freundschaft, die bleibt obwohl sie äußerlich nicht geblieben ist. Ein großes Geschenk, das ich weiter mit mir trage.
Ja, es ist ein Geschenk, in Freundschaft mit einem Menschen verbunden zu sein. Und es tut wahnsinnig weh, wenn uns dieses Geschenk genau dann genommen wird, wenn wir es am meisten brauchen. Das lässt sich nicht schönreden. Und doch, es kann gelingen, dieses Geschenk auf andere Art zu bewahren und neue Geschenke von neuen Menschen anzunehmen. Nichts davon ist jemals selbstverständlich, weil alles immer im Wandel bleibt.
Ein sehr schöner Text über Freundschaft, vielen Dank!