Die Angst vor dem eigenen Tod

Glaubst du, wir hatten Angst vor der Geburt als wir im Bauch unserer Mutter herangewachsen sind? Glaubst du, dass Tiere Angst vor ihrem Tod haben während sie lebendig sind? Ich meine diese permanente, grundlegende Angst. Nicht die Angst in den Momenten, in denen ein Tier akut und konkret angegriffen wird und seine Angst dafür sorgt, dass es sein Leben verteidigt.

Ist es nicht absurd, Angst vor etwas zu haben, das von Anfang an und immer dazu gehört? Alle, die vor uns da waren, sind bereits gestorben. Leben ohne Tod ist nicht denkbar. Das stimmt nicht, denkbar ist es schon. Dank unseres großen Gehirns ist im Grunde alles theoretisch denkbar. Die Illusion, wir Menschen könnten den Tod eines Tages noch besiegen. Dabei besiegen wir doch nur das Lebendige. Wir können alles mögliche zerstören, die Natur, Lebensräume, Wälder, einzelne Lebewesen und ganze Tierarten, uns selbst, aber der Tod existiert weiterhin als Teil von allem Leben. Wir können uns einfrieren lassen und hoffen, dass uns eines Tages in der Zukunft jemand aufweckt. Nur: Wozu?

Wieso wollen wir den Tod besiegen? Wieso ist der Tod wie ein Feind für uns? Wenn Menschen an einer schweren Krankheit sterben, heißt es oft, er oder sie habe den Kampf verloren. Sind sie dann Verlierer? Versager? Sind wir dann nicht alle Verlierer und Versager, weil wir am Ende unseres Lebens sterben? Was ist so schlimm daran?

Natürlich, wir wollen es nicht. Es tut weh. Es ist traurig, wenn ein geliebter Mensch nicht mehr da ist. Keine Frage. Es ist traurig, wenn wir keine Zeit mehr mit ihm verbringen können, obwohl er oder sie noch so jung war und wir noch viele gemeinsame Pläne hatten. Es ist allerdings auch traurig, wenn derjenige alt war und wir ihn vermissen. In diesem Kampf des Lebens, wenn der Tod eine Niederlage ist, hat dann die Älteste am Ende gewonnen? Aber ist sie nicht genauso tot wie derjenige, der jung gestorben ist?

Die Angst vor der Trauer um geliebte Menschen erklärt allerdings nicht die Angst vor unserem eigenen Tod. Wer oder was hat sie uns eingegeben? Haben unsere Vorfahren sie sich irgendwann ausgedacht? Oder hat irgendjemand sie sich zunutze gemacht, um andere zu unterdrücken? Wenn ja, wer? Und warum?

Wenn der Tod ein fester Bestandteil des Lebens ist, bedeutet die Angst vor ihm dann nicht eigentlich Angst vor dem Leben? Der Tod ist gewiss und ungewiss zugleich. Wir wissen, dass er kommt, aber nicht wann und wie genau. Und auch nicht, was danach geschieht. Häufig höre ich, dass Menschen mehr Angst vor dem Sterben haben als vor dem Tod selbst. Angst vor Schmerzen. Aber auch Angst davor, keine Kontrolle mehr zu haben. Vergessen haben wir bereits, wie schmerzhaft unsere Geburt wohl gewesen sein mag.

Wenn wir wüssten, dass uns nichts geschehen kann, wirklich gar nichts. Wie würden wir dann leben? Wie würdest du leben, wenn du keine Angst vor dem Tod hättest?

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