Beileidskarten: Schreibt man die eigentlich noch und wenn ja wie?

Wie schreibt man Beileidskarten?

Vor ein paar Tagen wurde ich um Rat zum Schreiben einer Beileidskarte gefragt. Dabei ist mir selbst noch einmal bewusst geworden, wie schwierig es ist, Worte zu finden, die Mitgefühl ausdrücken und Trost spenden sollen. Wenn du gerade vor der Frage stehst, was du einem Freund oder Bekannten schreiben sollst, dessen naher Angehöriger gestorben ist, möchte ich dir hier ein paar Anregungen geben. Vielleicht fragst du dich gerade auch, ob es überhaupt noch üblich ist, Beileidskarten zu schreiben. Sie wirken oft so alt und verstaubt, wie aus einer anderen Zeit. Vielleicht doch lieber eine Email? Oder gar nichts, steht es uns überhaupt zu, demjenigen zu schreiben? Stören wir ihn nicht eher damit, braucht er nicht gerade Ruhe für seine Trauer?

Ja zur Beileidskarte

Die einfache Antwort lautet: Ja zur Beileidskarte! Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass du auch per Email, Telefon, WhatsApp oder persönlichem Besuch in Kontakt treten kannst. Schreibe aber unbedingt auch eine Beileidskarte. Emails sind praktisch, sie erreichen den Empfänger gleich nach dem Absenden und sparen Papier. Hier geht es aber darum, dass ein Mensch gestorben ist und seine Angehörigen traurig, verzweifelt, fassungslos und im Schock zurück gelassen hat. Es muss nicht praktisch sein, es muss nicht schnell gehen. Das wichtigste ist: Es sollte von Herzen kommen. Klar, eine Email kann auch von Herzen kommen, aber allein durch die Auswahl der passenden Karte und die Überlegungen und Zeit, die damit verbunden sind, zeigst du bereits, wie wichtig es dir ist, demjenigen zu sagen, wie leid dir sein Verlust tut. Karten sind nicht altmodisch, sie sind in unserer heutigen Zeit vor allem etwas besonderes! Das Schöne an einer Karte ist: Man kann sie in die Hand nehmen. Immer wieder. Beileidskarten vermitteln den Hinterbliebenen, dass sie nicht alleine sind, dass andere an sie denken und dass der Verstorbene nicht vergessen wird. Ich habe damals nur einige wenige Karten erhalten, weil viele in meinem Umfeld sie wohl nicht für zeitgemäß hielten. Vor Julians Tod hätte ich auch so gedacht oder wäre zumindest sehr unsicher gewesen. Heute kann ich sagen, dass die wenigen Karten, die ich damals bekommen habe, einen großen Schatz für mich darstellten in meiner ersten Zeit der Trauer. Und ja, ich hätte mir gewünscht, dass es mehr gewesen wären. Deshalb: Unbedingt ja zur Beileidskarte! Sollten die Hinterbliebenen tatsächlich in einer Flut von Karten untergehen und es ihnen zu viel sein, haben sie immer die Möglichkeit, die Karte erst später zu öffnen.

Die Auswahl der passenden Karte

Eine passende Karte zu finden ist gar nicht so einfach. Der Beileidskarten-Markt ist dominiert von düsteren Herbstlaubbilder-Karten mit teils nicht wirklich hilfreichen Sprüchen und Floskeln, oft mit religiösem Hintergrund, der nicht immer passend erscheint. Ich persönlich ärgere mich ja – wie du dir vielleicht denken kannst – besonders über die Karten, die “In stille Trauer” heißen und darüber vermitteln, dass wir alle still und leise vor uns hin trauern sollten. Wenn du nach einer Karte suchst, nimm dir Zeit. Versuche, eine Karte zu wählen, die zum Verstorbenen und den Hinterbliebenen passt. Hör auf dein Herz, welches Motiv dich am meisten anspricht. Vielleicht ist es eine einfache Karte mit einem schönen Foto und gar keine klassische Beileidskarte. Du kannst gar nicht so viel falsch machen, selbst wenn du nicht die “perfekte” Karte findest. Lass dich auf keinen Fall davon abhalten, dass die Auswahl vielleicht nicht ganz dem entspricht, was du dir vorstellen würdest. Eine nicht “perfekte” Beileidskarte ist hundertmal besser als keine, weil du die perfekte Karte nicht gefunden hast.

Der Text – Schreibe von Herzen

Es ist ok, dass du nicht weißt, was du schreiben sollst. Es ist ok, dass du sprachlos bist, dich vielleicht hilflos und unsicher fühlst. Versuche, dich nicht zu sehr hinter Floskeln zu verstecken. Davon hört und liest der Trauernde sowieso genug. Ja, der Verstorbene lebt in der Erinnerung weiter. Ja, er hat Spuren hinterlassen. Viel schöner, als hundertmal ähnliche Floskeln zu lesen, ist es für die Hinterbliebenen, wenn du mit ihnen teilst, welche Spuren der Verstorbene bei dir persönlich hinterlassen hat. Wie behältst du ihn in Erinnerung? Welche Erlebnisse mit ihm gehen dir gerade am meisten durch den Kopf? Was hat er vielleicht in dir verändert oder was hast du durch ihn gelernt, wie hat er dein Leben bereichert? Für mich war damals jede noch so kleine geteilte Erinnerung unglaublich kostbar. Sie gaben mir das Gefühl, dass Julian nicht in Vergessenheit geraten wird, dass er nicht ganz weg ist von dieser Welt und auch dass ich nicht ganz alleine dafür verantwortlich bin, mich an ihn zu erinnern.
Es kann natürlich sein, dass du den Verstorbenen kaum oder gar nicht kanntest. Dann kannst du zum Beispiel zum Ausdruck bringen, dass du nur erahnen kannst, was dieser schwere Verlust für die Hinterbliebenen bedeutet. Es ist auch ok zu schreiben, dass dir die Worte fehlen. Versuche so gut du kannst von Herzen zu schreiben. Behaupte nicht, dass du weißt, wie sich diejenigen gerade fühlen. Selbst wenn du schon schwere Verluste erlebt hast, du weißt es nicht. Wir können es höchstens erahnen. Jeder Verlust ist einzigartig, weil jeder Mensch einzigartig ist.
Nutze die Trauerkarte, um dein Mitgefühl auszudrücken. Ich nenne es gerne Mitgefühl, andere nennen es Beileid oder Anteilnahme. Schreibe so, wie es sich für dich ehrlich anfühlt und versuche nicht, das zu schreiben, was “man” schreiben sollte. Es ist nicht so wichtig, welches Wort da nun steht, viel wichtiger ist, aus welcher Haltung heraus du schreibst. Damit meine ich, dass deine Aufrichtigkeit und dein tief empfundenes Mitgefühl zwischen den Zeilen lesbar wird, wenn du dich nicht hinter Floskeln oder üblichen Sätzen für Beileidskarten versteckst. Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Schreibe das, was bei dir von Herzen kommt, auch wenn es “Verdammte scheiße, ich weiß nicht was ich sagen soll!” ist.
Am Ende kannst du auch schreiben, dass du in Gedanken bei den Hinterbliebenen bist, dass du sie vielleicht umarmst oder ihnen viel Kraft wünschst, je nachdem was für dich und eure Beziehung zueinander stimmig ist. Schreibe nicht, dass du immer für denjenigen da bist, wenn du es nicht aufrichtig ehrlich meinst. Es kann sehr verletzend sein, so etwas gesagt oder geschrieben zu bekommen, nur um später festzustellen, dass es nicht ernst gemeint war.

Belasse es nicht bei einer Karte

Wenn dir dein Freund oder deine Bekannte am Herzen liegt, höre mit dem Versenden der Beileidskarte nicht auf, dich bei ihm zu melden. Warte nicht, bis er sich bei dir meldet. Wahrscheinlich wird er es nicht können, auch wenn du ihm geschrieben hast, dass er sich jederzeit bei dir melden darf. Er wird nicht die Kraft dazu haben, es zu tun. Er wird dich vielleicht nicht mit seinem Schmerz belasten wollen. Wenn du es wirklich ernst meinst und demjenigen helfen möchtest, dann gehe immer wieder auf ihn zu. Mache kleine oder größere Angebote und zeige, dass du einfach da bist. Lass dich nicht davon abschrecken, dass es Tage geben wird, an denen der Hinterbliebene nicht antwortet oder dir absagt. Frage nach, was er möchte und braucht, ob es ok ist, wenn du dich weiterhin meldest. Notiere dir Todestag und Geburtstag des Verstorbenen. An diesen Tagen ist es meist für Hinterbliebene besonders schwer, die Trauer und der Verlust besonders präsent. Und zugleich ist es besonders wertvoll, wenn Menschen an diesen Tagen auf den Trauernden zugehen und zeigen, dass auch sie den Verstorbenen nicht vergessen haben – auch Jahre später noch.

Übrigens: Für das Versenden einer Beileidskarte ist es nie zu spät. Auch wenn du den Text jetzt liest und der Tod des Angehörigen deines Freundes oder Bekannten schon eine Weile her ist, du kannst ihm auch jetzt noch schreiben. Ich weiß, das kostet Überwindung. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er oder sie von deiner Karte berührt sein wird. Schreibe ehrlich, dass du nicht wusstest, was du schreiben sollst oder warum du erst jetzt diese Karte losschickst. Ich habe dieses Jahr, an Julians drittem Todestag, eine Karte von einer sehr lieben Freundin bekommen, die mir damals vor drei Jahren keine geschickt hatte, weil sie nicht wusste, ob das ok ist. Es wäre damals ok und schön gewesen und es war unglaublich schön und berührend für mich, dass sie mir dieses Jahr geschrieben hat. Auf der Karte steht “In stiller Trauer”. “Stiller” hat sie durchgestrichen und “lauter!” darüber geschrieben. Nun darfst du raten, was wohl dazu geführt hat, dass ich meine Domain “in-lauter-trauer.de” registriert habe. Ein ganz riesengroßes DANKE an dich, liebe Nicki!

Du fühlst dich noch unsicher? Ich helfe dir gerne

Wenn du dich im Umgang mit deinem Freund oder deiner Bekannten sehr unsicher, hilflos und vielleicht ganz überfordert fühlst, sie oder ihn aber auf keinen Fall alleine lassen möchtest, helfe ich dir gerne auch ganz persönlich. Oft reicht ein Gespräch aus, damit du dich sicherer und klarer fühlen kannst im Umgang mit trauernden Freunden. Lies hier über mein Unterstützungsangebot, das sowohl für Trauernde als auch deren Umfeld gilt, und kontaktiere mich gerne bei Fragen oder um direkt einen Termin auszumachen.

 

Wie siehst du das Thema Beileidskarten? Hast du sie nach einem Verlust selbst als hilfreich erlebt? Hast du selbst schon welche geschrieben? Teile gerne deine Erfahrungen und Meinung in den Kommentaren.

 

Foto: Tekke

 

   
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10 Antworten

  1. Liebe Silke, ich kann dem allem nur zustimmen. Selbst „Trauerfloskelkarten“ habe ich alle nach dem Tod meines Vaters und nach einer stillen Geburt aufgehoben, auch sie bedeuten mir etwas, auch sie sind eine Form „greifbarer“ Anteilnahme für mich, noch heute, viele Jahre später. Ich persönlich würde sie auch jederzeit einer auf elektronischem Weg versandten Nachricht vorziehen. Ja, das macht im Zweifelsfall mehr Mühe. Aber es bewirkt auch mehr gefühlte Anteilnahme, jedenfalls bei mir. Und ja: Auch ich „musste“ das erst selber als Trauernde erfahren, habe mich vorher auch manchmal davor „gedrückt“ und lieber nichts geschrieben, aus meiner tiefen Unsicherheit heraus und dem Wunsch, nichts falsches sagen zu wollen. Danke für diesen Blog. – Und ja: laute Trauer! Nicht umsonst gibt es bspw. in Griechenland die Tradition der Klageweiber. Mir haben u.a. Bücher von Jorgos Canacakis geholfen, und ich habe Jahre später eine Ausbildung in Trauer- und Sterbebegleitung absolviert. Es ist noch immer ein Tabu, aber du trägst mit dazu bei, dies zu ändern. <3

    1. Liebe Ani,
      danke dir vielmals für deine lieben Worte. Wie schön, dass du es auch so siehst wie ich und dir die Karten bei deinen Verlusten so sehr geholfen habe. Ich finde auch, die Mühe, eine echte Karte zu schreiben, ist es auf jeden Fall wert und auch einfach angemessen. Wie schön, dass du auch Trauer- und Sterbebegleiterin bist bzw eine Ausbildung gemacht hast. Begleitest du denn auch Menschen jetzt?
      Herzliche Grüße
      Silke

  2. Hallo Silke, ich stimme Dir uneingeschränkt zu! Gerade was Du mit dem Zeitpunkt der Karten sagst. Mir selbst ging es mehrfach so, dass ich eine ganze Weile brauchte, um eine Karte zu schreiben und sie dann nicht abgeschickt habe, weil ich dachte, dass es nicht gut für den Trauernden ist, noch Wochen später Karten zu erhalten. Jetzt bin ich selbst Trauernder und weis, wie wichtig diese Karten sind! Und von einigen Freunden und Weggefährten wünschte ich auch jetzt nach sechs Wochen noch, sie könnten mir eine schicken. Selbst zu Weihnachten. Aber ich werde wohl verzichten müssen, denn es wird ihnen wie mir gehen. Obwohl, ich könnte ja auch dieses Thema auf der Facebook-Gedenkseite von Moni mal ansprechen… Übrigens, ich hatte tatsächlich noch nicht die Kraft, die Karten zu beantworten. Das wäre mein Vorschlag für ein neues Thema auf Deinem Block! Zum Schluss noch: Absender nicht vergessen, und zwar auf der Karte selbst. Damit signalisiert Ihr dem Trauernden ganz zurückhaltend, dass Ihr Euch über eine Reaktion freut Außerdem nehmt Ihr die Hürde, dass der Trauernde in seiner Lage sehr schlecht organisiert ist und schlicht Eure Adresse nicht weis.

  3. Hallo Ralf,

    Lieber Ralf
    Ja auch ich habe Karten geschrieben und manchmal nicht abgeschickt, eben weil ich mir nicht sicher war, ist der Inhalt ok. Seit Jahren ist mir aber bewusst, wie hilfreich so eine einfache Karte sein kann. Immer mal wieder lesen, Tränen vergiessen, den Gedanken nachhängen. Wie wohl das doch tut.
    Ja jeder, der schon mal Trauerkarten beantwortet hat, weiss, wie mühsam Adressen zu suchen sind, vor allem, wenn nur Vornamen angegeben sind.
    Dir Ralf möchte ich noch gerne mein Mitgefühl aussprechen und viele liebe Freunde,wünschen, die Dich ein Teilstück Deines Trauerweges begleiten.

  4. Hallo Silke, ich freue mich, dass ich über Umwegen deinen Blog gefunden habe. Auch wenn ich selbst weder Trauernde bin noch Angehörige eines trauernden Menschen, beschäftigt mich schon seit meiner Kindheit das Thema. Ich habe bereits mit 12 Jahren mein erstes Testament geschrieben, nicht, weil ich eine reiche Erbin wäre, sondern weil ich mir schon als Kind gewünscht habe, dass wir mehr über den Tod nachdenken. Meiner Meinung nach wird das Leben viel intensiver, wenn man sich bewusst macht, dass es endlich ist und jeden Moment enden kann.

    Vielen lieben Dank für deine praktischen Tipps für Beileidskarten. Ich habe bis dato auch noch keine Karten versendet, sie schienen mir zu altmodisch und voller Worthülsen. Ich werde es mir aber für die Zukunft merken und gerne Erinnerungen teilen.

    1. Danke dir, liebe Jenny, für deinen Kommentar. Ich habe auch deinen letzten Blogartikel gelesen und mich riesig über deine Erwähnung darin gefreut!
      Wie schön, dass du hier zu meinem Blog gefunden hast. Ich kann dir nur zustimmen, seit mir (zunächst gezwungenermaßen) bewusst geworden ist, dass das Leben endlich ist, lebe ich ganz anders, intensiver, bin ich viel mehr Ich. Ich finde es berührend, wie du das bereits als Kind erkannt hast.
      Alles Liebe für dich!
      Herzliche Grüße
      Silke

  5. Liebe Silke, danke für diese berührende Homepage und Deine Zeit dafür!
    Ich empfinde Beileidskarten auch als sehr wichtig (selbst die mit oberflächlichem Inhalt oder lediglich einer Unterschrift). Meine Mutter und ich haben nach Papas Tod unglaublich viele Karten bekommen und ich war so absolut überrascht, „begeistert“ und tief berührt was andere Menschen über ihn geschrieben haben, dass ich eine „Zitatsammlung“ getippt habe. Diese Seiten habe ich oft in traurigen Momenten zur Hand genommen und mir gedacht wie schön es ist, wenn so etwas über einen gedacht und geschrieben wird. Ich versuche seit dem, den lebenden Menschen in meinem Umfeld häufiger als sonst meine Anerkennung, Liebe etc. direkt mitzuteilen. Ferner habe ich mich beim Schreiben der letzten Beileidskarten an meine Empfindungen erinnert und über konkrete Erlebnisse, Anekdoten o.ä. mit dem Verstorbenen geschrieben. Was natürlich relativ einfach ist, wenn man die Person geschätzt und gekannt hat. Falls ich den Verstorbenen selbst nicht kenne, schreibe ich trotzdem eine Karte. Dann event. mit einem Gedicht oder Text den ich mag. Und total wichtig und hilfreich (hat auch jemand zuvor geschrieben): unbedingt mit Absenderadresse!
    Uns hat übrigens die Gestaltung der „Danksagungkarten“ auch sehr geholfen, weil wir dafür gemeinsam in die Stadt gefahren sind und nach einem Ginkgoblatt gesucht haben! Und die Freude das „Perfekte“ gefunden zu haben, war das erste größere Lachen/Freude danach!

  6. Liebe Silke, auch ich freue mich sehr, diese Homepage entdeckt zu haben! Danke für dieses Engagement! Ich habe schon einige Beiträge gelesen und finde sie sehr bereichernd. Dass mit dem Thema „Trauern“ viel offener umgegangen werden sollte, ist mir ebenfalls ein Anliegen.
    Vor einem Jahr ist der jüngste unserer 4 Söhne mit 4 Jahren an den Folgen eines angeborenen Herzfehlers gestorben. Was mir und uns sehr geholfen hat, war, dass wir uns schon vor seinem Tod mit dem Thema Sterben, Tod und Trauer beschäftigt haben; die Möglichkeit, dass Paul sterben könnte, nicht verdrängt haben. So konnten wir zB das Abschiednehmen ganz bewusst gestalten (der Bestatter brachte Paul zu uns nach Hause und die Brüder und alle Cousins und Cousinen zw 13 und 3 Jahren konnten, teils sehr unkonventionell, Abschied nehmen). Das half uns Eltern und den Brüdern zu begreifen, dass Paul gegangen ist und hinterlässt nicht das Gefühl von „Hätten wir doch…“

    Zu den Beileidskarten: Ich empfand es wie meine Vorredner. Über jede Karte und jedes Zeichen der Anteilnahme freuten wir uns, auch wenn sie teils erst ein dreiviertel Jahr später zu Weihnachten eintrafen. Besonders freuten wir uns über die Post, in denen uns die Schreiber ihre Erinnerungen an unseren Sohn mitteilten. Aber auch nur „mir fehlen die Worte“ tat gut zu lesen.
    Gut gefielen mir die ganz persönlichen Kartenmotive, oft bunt, fröhlich, unserem Sohn entsprechend. Schräg war, als wir die 7. oder 8. graue Karte des gleichen Modells mit „in stiller Trauer“ öffneten. (Aber nichtsdestotrotz viel besser als keine Post!)
    Allerdings möchte ich auch eine Lanze für Emails brechen: daran fand ich schön, dass diese SOFORT, unmittelbar nach Pauls Tod eintrafen und nicht erst nach dem Wochenende im Briefkasten lagen. Es tat mir persönlich gut, diese mitfühlenden Gedanken in den ersten, besonders schweren Tagen zu lesen. Alle diese Emails habe ich abgespeichert und möchte sie, wenn ich Zeit dafür finde, ausdrucken und in einem Ordner/gebundenen Buch sammeln.
    Und manche Freunde machten tatsächlich beides: sofort eine E-Mail und dann noch eine handgeschriebene Karte.

  7. Liebe Silke,
    Ich finde deinen Blog ganz toll und bedanke mich für deine wertvollen Tipps.
    Ich stamme leider aus einer Familie in der Trauer eher weggeschoben wird und schnell „abgehakt“ wird. Dementsprechend tue ich mich mit dem Thema Trauer sehr schwer.

    Ich hatte vor zwei Jahren den Fall, dass ich von einer früheren Freundin erfahren habe, die nach 10 Tagen nach der der Geburt ihre Tochter verloren hat. Selber gerade Mutter geworden hat mich diese Nachricht schwer getroffen und ich wollte meine Gefühle für sie ausdrücken. Also musste eine Karte her, zumal sie mittlerweile in der Schweiz lebt.
    Ich bin also los um diese Karte zu kaufen. So stand ich stand ich dann in der mayerschen vor all den ollen Trauerkarten in grau, schwarz mit Laub, Steinengeln, christlichen Sprüchen etc..
    Ich bin nicht gläubig und weiß nicht, ob die Freundin es jemals war. Ich konnte mit diesen Karten nichts anfangen und wollte so eine nicht.
    Ich habe mir dann eine Verkäuferin gesucht und ihr mein Problem geschildert. Wir beide hatten Tränen in den Augen und auch der Verkäuferin war klar: für ein kleines verstorbenes Mädchen passen diese Standard-Karten nicht.
    Wir sind letztendlich an einen gemischten Ständer mit Geburtskarten etc. gegangen. Gemeinsam haben wir eine Karte entdeckt: spruchlos, ein blauer Himmel, viele bunte Luftballons darauf.
    Ich weiß noch, ich sah die Karte und fand sie so unheimlich passend. Symbolisch:
    Bunte Ballons die in den Himmel steigen für das kleine Menschlein, dass seine Eltern kurz erfreute um dann wieder davon zu flattern.

    Die Karte war gefunden. Aber was schreiben?
    Zum Glück war ich an diesem Tag zum
    Still-Café, dort traf ich Freundinnen und das beste: eine super Hebamme, sie hat sich weitergebildet im Thema Trauerbewältigung insb. Bei stillen Geburten und früh verstorbenen Kindern. Dort könnte ich meine Gefühle schildern und sie halfen mir alle beim formulieren des Textes.
    Für diese Hilfe und diesen Austausch bin ich heute noch sehr dankbar.
    Es war die schwerste Karte die ich je geschrieben habe.
    Aber letztendlich habe ich dadurch wieder Kontakt zu der Freundin und ich weiß, wie Sehr sie sich über döse Karte „gefreut“ hat.

  8. Liebe Silke,
    ich bin auch dafür trauernden Menschen die eigene Anteinahme zu bekunden. Ich denke jedoch, dass sie nicht nur ehrlich und von Herzen kommen sollte, sondern auch ganz individuell. Daher meide ich gerne die käuflichen Beileidskarten, da sie einfach nur immer gleich sind, der Verstorbene und die Trauernden sind jedoch nicht gleich, sie sind individuell. In meinem Umfeld höre ich möglichst genau zu wie man über sich und andere spricht. Sind sie sehr religiös? Sind sie introvertiert oder eher extrovertiert usw.? Je nach dem was ich über die Menschen erfahre, entsprechend schreibe ich meine Anteilnahme in ganz eigenen Worten und nicht nach Standart. Manchmal ist es ein Gedicht, manchmal ein Vers aus eines der Heiligen Bücher, wenn Religion eine große Rolle spielt. Oder spirituell in Verbindung mit etwas visuell greifbaren, so wie die Jahreszeiten. Viele Trauernde die mir begegnet sind, hatten oft geäußert, dass sie die Aussage -mein Beileid oder viele andere Standartsätze, irgendwann nicht mehr hören oder lesen konnten. Ihnen oft ein schweigender Händedruck, ein liebevoller Blick oder liebevolle Umarmung, alles ohne Worte, mehr gegeben hat oder individuelle Zeilen.
    Viele Trauernde hinterfragen den Sinn des Todes, da ist es eben auch wichtig mit den Trauerndern einen Trost zu finden oder an etwas tröstendes zu erinnern. Wenn man über jemanden so garnichts erfahren kann und man seine Anteilnahme mitteilen möchte, dann empfinde ich persönlich eine käufliche Beileidskarte gut…

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