Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen
So lautet ein afrikanisches Sprichwort. Ein Dorf, das bedeutet viele verschiedene Ansprechpartner für das Kind. Es bedeutet auch, dass die Eltern nicht alles alleine tragen müssen. Ich denke oft daran, dass es auch für jeden Trauernden so ein Dorf geben sollte. Eigentlich für jeden, der durch intensive Wandlungs- und Heilungsprozess, durch Abgründe und tiefe Täler geht. Eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig halten kann, so dass nicht eine Person allein das Tragen übernehmen muss. Eine Gemeinschaft, in der jeder das beisteuern kann, was er zu geben hat.
Seit ich in Nepal war, beschäftigt mich das Thema Gemeinschaft. Dort durfte ich direkt nach Julians Tod erleben, wie ich in der Großfamilie gehalten war. Jeder dort übernahm seine Aufgaben. So schaffte die Familie gemeinsam, was einer alleine nicht vermocht hätte. Es war eine heilsame Zeit für mich. Eine, die vieles hier in Deutschland in Frage stellte. Warum leben wir so getrennt voneinander, warum sind viele Menschen hier so einsam? Warum denken wir immer wieder, wir müssten es alleine schaffen?
Und dann durfte ich auch die andere Seite dort erleben. Wenn die Gemeinschaft über allem steht, dann bleibt die Individualität auf der Strecke. Dann entscheidet die Gemeinschaft, was gut für den Einzelnen ist. Damals sorgte ich für Enttäuschung, ja, Verletzung, als ich meine eigenen Bedürfnisse über die der Familie stellte. Ich war krank und musste für mich sorgen. Es tat mir im Herzen weh, dass ich mit meinem dringenden Bedürfnis nach Rückzug und alleine sein der Familie Schmerzen bereitete.
Seither frage ich mich, wie beides zusammen gehen kann. Eine Gemeinschaft, die hält, ohne einzuengen. Ein Zusammenleben, das jedem Einzelnen erlaubt, sich ganz im Rhythmus der eigenen Bedürfnisse zu bewegen. Liebevoll und unkompliziert, zugleich haltend und geborgen. Eine Gemeinschaft, in der jeder einfach sein kann.
Ich möchte erfahren, wie es gehen könnte. Die Zeit der theoretischen Vorstellung von Gemeinschaft darf zu Ende gehen. Deshalb begebe ich mich auf die Suche nach verschiedenen Formen des Zusammenlebens. Vielleicht hast du es selbst erlebt? Magst du mir erzählen, wie es sich angefühlt hat, inmitten von Trauer, Verlust oder Krise gemeinschaftlich getragen und gehalten zu sein? Und natürlich auch wie es in freudvollen und schönen Zeiten ist? Kennst du Menschen, die bereits in größerer Gemeinschaft leben? Ich freue mich über jede Erfahrung, jede Geschichte und jedes Gemeinschaftsprojekt, von dem du mir erzählen magst. Danke dir von Herzen.
1 Comment
Liebe Silke.
Ersteinmal danke für Deine wunderbare Seite, die mir nach dem Tod meines Gefaehrten ein wenig das Gefühl nahm, ganz verloren zu sein zwischen den Lebenden.
Es gibt Menschen, die ähnliches erleb(t)en, weil der Tod und Trauer so wenig Platz hat im Leben. Ich spüre auch, dass es sehr wichtig ist, Gemeinschaft und vor allem Verbundenheit zu fühlen. Das hilft beim Zurückkommen ins Leben. Ich bin auf der Suche danach und hab es noch nicht so gefunden und es sich richtig anfühlt. Vielleicht liegt es daran, dass ich dieses Gefühl der Verbundenheit so stark mit meinem Mann hatte und darum noch trauere, aber ich hoffe, dass das auch in der Gemeinschaft gelebt werden kann. …das wäre sehr schön.
Vielleicht finden sich gute Ideen. Herzliche Grüße